Red-Bull-Pilot Max Verstappen hebt seine Trophäe auf dem Podium hoch, nachdem er das Rennen gewonnen hat. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Peter Dejong/AP/dpa)

Im orangenen Rauch von Zandvoort stieg Max Verstappen auf seinen Red Bull und ließ sich vom ausgeflippten Party-Volk triumphal feiern.

Verschwitzt und gezeichnet von einem kraftraubenden und nervenzehrenden Großen Preis der Niederlande genoss der Formel-1-Champion sein nächstes Meisterstück Richtung Titelverteidigung vor über 100.000 Fans. Im Publikum filmten dann Mama Sophie, Schwester Victoria und Partnerin Kelly verträumt dreinschauend die Zeremonie auf dem Podium.

«Wir mussten das ganze Rennen über kämpfen», sagte Verstappen inmitten des Jubels seiner unzähligen Anhänger. «Es ist immer etwas ganz Besonderes, das Heimrennen zu gewinnen. Vergangenes Jahr war es schon toll, aber diesmal musste ich noch härter dafür arbeiten.»

Red-Bull-Teamchef Hörner: «Das war eine Megafahrt»

Der 24-Jährige ließ sich weder von Attacken der wieder erstarkten Silberpfeile noch von einer finalen Safety-Car-Phase aufhalten und steuerte letztlich souverän zu seinem zehnten Saisonsieg im 15. Rennen. «Das war eine Megafahrt», sagte Teamchef Christian Horner.

Verstappen verwies am Sonntag George Russell im Mercedes auf den zweiten Platz, Dritter wurde Charles Leclerc im Ferrari vor Rekordweltmeister Lewis Hamilton, der wegen einer falschen Reifenwahl in der Schlussphase seine Hoffungen auf den ersten Sieg nach rund neun Monaten im Silberpfeil begraben musste.

«Wenn das Rennen so abläuft, bin ich natürlich sehr glücklich», sagte Vater Jos Verstappen, der den Krimi im Motorhome mitverfolgte. «Es war spannend, wir wussten alle nicht, wie es ausgeht.»

Im Klassement baute Verstappen seinen Vorsprung weiter aus. Mit insgesamt 310 Punkten hat er nun 109 Zähler mehr als Leclerc und den eigenen Teamkollegen Sergio Perez. «Der Abstand ist zu groß, glaube ich», räumte der Monegasse ein. Sieben Rennen sind es noch.

Mick Schumacher kam beim ereignisreichen Rennen in den Niederlanden im Haas nach einer starken Qualifikation nicht über Platz 13 hinaus, Aston-Martin-Pilot Sebastian Vettel wurde 14.

Verstappen enttäuschte seine Fans beim Start nicht. Die Pole hatte er sich mit einer famosen Runde auf den letzten Drücker vor Leclerc am Samstag gesichert. Als die Roten Ampeln am Sonntag ausgingen, zog Verstappen direkt von außen vor den roten Ferrari, um vor dem gleichaltrigen Monegassen in die erste Kurve einzulenken. Der Plan ging auf, obwohl Leclerc in 0,25 Sekunden eine noch bessere Reaktionszeit beim Start hatte als Verstappen mit 0,27 Sekunden.

Schumacher hatte wie unter anderem auch Hamilton auf die etwas härteren Medium-Reifen zu Rennbeginn gesetzt, kam damit aber erstmal schlecht los und verlor nach seinem starken Qualifying mit Position acht erstmal zwei Ränge. Kumpel Vettel versuchte sich nach Startplatz 19 irgendwie nach vorn zu arbeiten bei dieser wieder eher tristen Episode seiner Abschiedstournee. Er wurde bei einem Rad-an-Rad-Duell mit Schumacher geschlagen.

Ferrari-Chaos beim Boxenstopp

An der Spitze fuhr Verstappen erstmal vorneweg und machte in einem komplizierten Rennen letztlich alles richtig. Im Gegensatz zu Ferrari. Bei einem Reifenwechsel von Carlos Sainz lag das linke Hinterrad nicht parat. «Der Boxenstopp war ein Chaos», räumte Teamchef Mattia Binotto ein, die Mechaniker hätten zu spät Bescheid bekommen. Und das eine Woche vor dem Heimrennen in Monza.

Aber auch bei Schumacher hakte es gewaltig. «Der Wagenheber ist oben geblieben», erklärte Teamchef Günther Steiner. Statt der üblichen etwa drei Sekunden dauerte der Stopp zehn Sekunden. Besser lief es bei Verstappen, der vor Leclerc nach dessen Reifenwechsel wieder auf die Strecke kam.

Schon vor einem Jahr beim Formel-1-Comeback von Zandvoort hatte er sein Heimrennen gewonnen. Und auch diesmal schlug Verstappen zu, der in dieser Saison in einer eigenen Liga fährt und die wilde Kompromisslosigkeit früher Tage abgelegt hat. Egal, was passierte, er und sein Team reagierten richtig.

Wahl der Reifenmischung entscheidet das Rennen

Durchaus zunächst auch begünstigt von einer virtuellen Safety-Car-Phase, als Verstappen führte, es aber klar war, dass er auf seiner Reifenmischung nicht so lange durchhalten würde wie der hinter ihm liegende Hamilton. In der sogenannten VSC ließ Verstappen die harten, Hamilton nun die etwas weicheren und damit auch schnelleren Reifen aufziehen.

Der Showdown über die letzten gut 20 Runden war eröffnet, Hamilton lag allerdings gut zwölf Sekunden hinter Verstappen. Dann musste ein paar Runden später aber das Safety Car raus, Hamiltons Ex-Kollege Valtteri Bottas war stehengeblieben mit seinem Alfa Romeo. Damit war der Verstappen-Vorsprung dahin. Was tun? Der Niederländer ließ sich fürs Finale die weichsten Reifen aufziehen, Hamilton bekam sie im Gegensatz zu Russell nicht.

«Es wird schwer, das Auto hinter mir zu halten», funkte der Brite prompt mit Blick auf Verstappen an die Box. Kaum ging es in Zandvoort wieder los, raste Verstappen an Hamilton vorbei. Und der nun wütende Brite wurde dann auch noch von Russell und Leclerc überholt mit seinen langsameren härteren Reifen, während Verstappen eine weitere fahrerische und strategische Meisterleistung ablieferte. «Ein unglaubliches Wochenende und ich bin wirklich froh, dass wir den Grand Prix der Niederlande haben», sagte Verstappen.

Von Martin Moravec und Jens Marx, dpa