Lewis Hamilton setzte sich in Sotschi durch. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sergei Grits/AP/dpa)

Seinen historischen 100. Grand-Prix-Sieg und die Rückeroberung der Formel-1-Spitze feierte Lewis Hamilton glücklich in den Armen seines Mercedes-Teams.

Im Nieselregen von Sotschi fing der Mercedes-Superstar am Sonntag dank eines späten Reifenwechsels noch den lange führenden McLaren-Fahrer Lando Norris ab und bejubelte erleichtert den nächsten Meilenstein seiner Ausnahme-Karriere. «Es hat lange gedauert, die 100 zu schaffen. Und ich war mir gar nicht sicher, ob das wirklich jemals reichen wird», sagte Hamilton, der seinen Rivalen Max Verstappen wieder auf Gesamtplatz zwei verdrängte.

Doch auch der Niederländer konnte schwer zufrieden sein, nachdem er wegen eines Motorenwechsels von ganz hinten starten musste und sich mit viel Geschick noch auf Rang zwei vorgearbeitet hatte. «Ich habe dieses Resultat nicht erwartet, als ich heute Morgen aufgewacht bin. Der Regen hat uns geholfen, den letzten Schritt zu machen», sagte der Red-Bull-Fahrer. Nur zwei Punkte liegt Verstappen bei noch sieben ausstehenden Rennen hinter Hamilton – das hochspannende Titelrennen ist weiter völlig offen.

Vettel nur Zwölfter

Dritter beim Großen Preis von Russland wurde Ferrari-Fahrer Carlos Sainz. Ex-Weltmeister Sebastian Vettel kam im Aston Martin nur auf Rang zwölf und verpasste das vierte Mal nacheinander die Punkteränge. Mick Schumacher schied nach etwas mehr als der Hälfte wegen eines Defekts an seinem Haas-Auto aus.

Hamilton war als großer Favorit in die Qualifikation gegangen, wurde dieser Rolle durch eigene Fehler aber nicht gerecht und konnte so nur vom vierten Platz loslegen. Beim Start fiel er sogar auf Rang sieben zurück, während sich Sainz sofort die Führung holte. Der Spanier hatte in einem verrückten Qualifying den zweiten Platz hinter Pole-Mann Norris belegt. Das Duo hielt sich zu Beginn ebenso vorne wie Williams-Supertalent George Russell als Dritter.

Nach seiner Motorenstrafe musste sich Verstappen mühsam nach vorne arbeiten. Als 20. war der siebenmalige Saisonsieger auf den Hochgeschwindigkeitskurs gegangen. Überholmanöver sind in Sotschi schwierig, trotzdem nutzte Verstappen seinen überlegenen Wagen gekonnt, um schnell Plätze gutzumachen. Genau wie der Niederländer wechselten unter anderem auch Vizeweltmeister Valtteri Bottas im Mercedes und Ferrari-Star Charles Leclerc ihren Motor und wurden bestraft, weil sie schon mehr als drei Antriebe verwendet haben.

Verstappen wird von Alonso aufgehalten

Der viermalige Weltmeister Vettel hing im Mittelfeld fest und musste sich als Elfter früh gegen Verstappen wehren, der schnell vorbeizog. In der 14. Runde wechselte die Führung: Norris, der vor zwei Wochen in Monza Zweiter wurde, ließ seinem Ex-Teamkollegen Sainz keine Chance. «Hab ihn», funkte Norris an die Box. Während der Youngster noch nicht stoppen musste, wechselten die Verfolger ihre Reifen.

Sotschi-Rekordsieger Hamilton hatte nach einem Drittel des Rennens mehr als neun Sekunden Rückstand auf Norris, Verstappen eilte von hinten heran. Nur fünf Punkte betrug Verstappens WM-Vorsprung vor dem 15. Saisonlauf. Nach der Hälfte der Renndistanz lag Hamilton als Zweiter zwölf Sekunden hinter Norris, Verstappen kam als Fünfter länger nicht an Altmeister Fernando Alonso vorbei.

Die Titelrivalen Verstappen und Hamilton fuhren anschließend fast zeitgleich in der 27. von 53 Runden zum Reifenwechsel, zwei Umläufe danach folgte Norris. «Du kannst das Rennen gewinnen», rief Toto Wolff, Motorsportchef bei Mercedes, Hamilton per Funk zu. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete sich der Superstar der Silberpfeile Sekunde um Sekunde an Norris heran und hielt Verstappen auf Abstand.

Schumacher muss stoppen

An der Spitze wurde es immer spannender, am Ende des Feldes ging für Schumacher nichts mehr. Sein Rennstall forderte den 22-Jährigen auf, das Auto aufgrund eines technischen Defekts in der Garage zu parken. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Rookie auf dem vorletzten Platz gelegen.

Verstappen konnte zu Beginn der Schlussphase nicht mehr mithalten und fiel vorerst auf Platz sieben zurück, Hamilton zeigte eine schnellste Runde nach der anderen und kam dicht an Norris heran. Der Youngster konterte seinerseits mit Bestzeiten – dann wurde es dramatisch. Der einsetzende Regen machte es rutschig. Norris kam kurz vor Ende gleich zweimal von der Piste ab, Hamilton wechselte die Reifen. Das war der Schlüssel zum Sieg. Norris wollte seine Pneus nicht wechseln und wurde dafür böse bestraft. Als Siebter fuhr er enttäuscht über die Ziellinie.

Von Thomas Wolfer und Christian Hollmann, dpa