Muss seinem Team Punkte als Argumente für einen neuen Vertrag liefern: Mick Schumacher. (Urheber/Quelle/Verbreiter: James Gasperotti/ZUMA Press Wire/dpa)

Mick Schumacher nutzte die Zeit auf der familieneigenen Ranch in Texas zum Abschalten und Spaß haben.

Er weiß, nun wird es ernst. Er ahnt, was passieren muss. «Hoffentlich können wir die Wende schaffen», sagt er vor dem Großen Preis der USA in Austin. Wenn er wir sagt, dürfte Mick Schumacher auch die Patzer und Fehler des Teams mit einschließen, die ihm schon bessere Platzierungen raubten. Mit Blick auf die Ergebnisse aber vor allem auch sich selbst meinen – es geht um seine Zukunft in der Formel 1. 

39 Rennstarts für den Haas-Rennstall und die Zusammenarbeit seit nun fast zwei Jahren reichen den Teambossen nicht aus für ein Urteil über die Qualitäten des 23-Jährigen. In den kommenden vier Grand Prix bis zum Saisonende soll und muss sich Schumacher beweisen, während öffentlich mit Rivalen kokettiert und geflirtet wird und das Cockpit mit einer Verkündung am Donnerstag noch mal an Wert gewann. 

Der Rennstall bekommt ab nächstem Jahr das US-Finanzunternehmen MoneyGram als neuen Titelsponsor – damit sollten und dürften auch die finanziellen Zwänge und Nöte des Teams erstmal Vergangenheit sein. Ob das auch auf die Entscheidung um Mick Schumacher Einfluss hat, bleibt abzuwarten. «Wir vertrauen Günther», betonte aber MoneyGram-Marketingchef Greg Hall bereits. «Wer immer für das Team fahren wird, wir werden ihn voll unterstützen», sagte Geschäftsführer Alex Holmes am Donnerstag bei einer Pressekonferenz im Fahrerlager.

Ansage vom Teambesitzer

«Wenn er bei uns bleiben will, muss er uns zeigen, dass er noch punkten kann. Darauf warten wir», sagte Gene Haas zuletzt der amerikanischen Nachrichtenagentur AP. Zwölf Zähler holte Mick Schumacher bisher, seit sieben Rennen schaffte er es nicht mehr in die Top Ten. Teamkollege Kevin Magnussen kommt auf 22 Punkte, der Däne, dessen Vertrag längst verlängert wurde, wartet aber auch seit sechs Rennen auf einen weiteren Zähler. Derart öffentlich infrage gestellt wie der Sohn von Rekordchampion Michael Schumacher wurde der 30-Jährige aus Roskilde nicht, der durch das Aus des russischen Piloten Nikita Masepin beim US-Rennstall zum überraschenden Comeback in der Motorsport-Königsklasse gekommen war. 

Aus jung mach alt?

Teamchef Günther Steiner und Besitzer Haas entschieden sich vor der Saison 2021 zu einem gewagten Experiment. In Masepin und Schumacher setzten sie gleich auf zwei Neulinge in der Formel 1 – mit dem viel zu langsamen Auto war eh nichts zu holen. 2022 wollte Haas angreifen. Dann musste Masepin, der ohnehin überfordert schien, gehen, und mit ihm sein Vater und Team-Hauptsponsor im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine. In Magnussen holten Steiner und Haas einen alten Bekannten zurück, er war bereits von 2017 bis einschließlich 2020 Stammpilot des US-Rennstalls gewesen. 

Mick Schumacher hatte Masepin im Rookie-Duell im Griff. 20:2 endete der direkte Vergleich in der Qualifikation. Nun steht es aus der Sicht des Deutschen 5:13. Schwerer wiegen aber die kostspieligen Fehler des ersten Saisondrittels, als er in Saudi-Arabien nach einem schweren Quali-Crash im Rennen nicht mal antreten konnte und als er in Monaco den Wagen im Rennen zerlegte.  «Ich denke, dass Mick viel Potenzial hat, aber sie wissen, dass er uns ein Vermögen kostet und er viele Autos zu Schrott gefahren hat», betonte Gene Haas. 

Das habe Geld gekostet, das sie einfach nicht hätten. Also halten sie nach Alternativen Ausschau. Den Kontakt mit Nico Hülkenberg bestätigte Steiner nun bei RTL und ntv. Zuvor hatte er in einem AP-Interview für Daniel Ricciardo geschwärmt. Beide sind – Stand jetzt – ohne Vertrag fürs kommende Jahr. Hülkenberg, der 181 Rennen ohne Podestplatz bestritt und seit Ende 2019 nur noch als Aushilfsfahrer zum Einsatz kam, ist 35 Jahre alt. Ricciardo, der bei McLaren nicht überzeugen konnte, ist 33 Jahre alt.  

Schumacher-Fürsprecher gibt es

«Er verdient es, in der Formel 1 zu fahren, nicht wegen seines Namens, das ist ein unglaublicher Name, aber er hat die Fähigkeit, hier zu sein», sagte Formel-1-Chef Stefano Domenicali schon über Mick Schumacher. Es sei «extrem wichtig, dass Mick Schumacher weiter Karriere in der Formel 1 macht. So faszinierend und wichtig die Technik in der Formel 1 auch ist: Die Kids hängen sich Poster der Helden hinterm Steuer in ihr Zimmer», betonte auch schon Formel-1-Direktor Ross Brawn bei Sport1. Sebastian Vettel, Kumpel und Mentor, machte sich schon mehrfach für Mick Schumacher stark. Mick Schumacher sei ein «klasse Junge» und «auf jeden Fall jemand, der es verdient, in der Formel 1 zu fahren», sagte auch schon Mercedes-Teamchef Toto Wolff.

Doch schon als mehr als nur noch die beiden Cockpits bei Haas und beim britischen Williams-Team frei waren, schlug kein Rennstall zu. Das gehört auch zur Wahrheit um Mick Schumacher. Erste Wahl sieht anders aus. 

Verlängert Haas nun nicht die Zusammenarbeit, bliebe noch Williams. Der Rennstall gehört einer US-Investmentgesellschaft, Teamchef ist der Deutsche Jost Capito. Dass an diesem Freitag Logan Sargeant im ersten Freien Training beim Großen Preis der USA den Wagen von Noch-Williams-Fahrer Nicholas Latifi übernimmt, ist kein Zufall. Der 21-Jährige aus Florida, aktueller Dritter in der Formel 2, gilt dem Vernehmen nach als Wunschkandidat. Allerdings entscheidet sich sein weiterer Weg erst im Finale in Abu Dhabi, weil er auf Punkte für die sogenannte Superlizenz, der Formel-1-Führerschein, angewiesen ist. Zeit zum Durchatmen wird Mick Schumacher bis dahin kaum mehr haben.

Jens Marx, dpa